Dezemberbericht

Liebe Leser, 

¡Feliz Navidad! y ¡Prospero año nuevo! - Fröhliche Weihnachten und frohes neues Jahr! 

In diesem Erfahrungsbericht möchte ich über mein Weihnachten in Perú berichten. 

Es war mein erstes Weihnachten, das ich ohne Familie, nicht zu Hause, in einem anderen Land gefeiert habe. Der Advent war typisch unadventlich: Schon wenn man sich die Natur angeschaute, gab es nichts, was einen an die „deutsche“ Adventszeit erinnerte: Die Berge waren im schönsten Grün bewachsen. Es war warm. Über zwanzig Grad. Die Regenzeit begann langsam. Es wurde spät dunkel. Wie im Sommer der Nordhalbkugel. Auch die adventlichen Traditionen waren etwas anders. Die Plätzchenbäckerei lief längst nicht auf gewohnten Hochtouren, auch wenn wir mit den Munaychaykindern einen Backnachmittag machten. Gesungen wurde auch nur unter ein paar motivierten Freiwilligen nach langen, anstrengenden Arbeitstagen. In dieser Adventszeit waren es mitunter auch wir Freiwilligen, die wir viel mehr als früher Weihnachtsfeiern, Geschenke usw. mitvorbereiten mussten. 

Dann kam - - - noch nicht der große Tag. Denn hier ist der 24ste Dezember noch nicht der Tag, an dem Weihnachten so richtig beginnt. Trotzdem fing die Heilige Nacht schon am Weihnachtsvorabend an. Also fuhr die große Mehrheit aller Freiwilligen um 6 Uhr abends mit ca. 60 schick gekleideten und gut frisierten Kindern nach Urubamba, um dort in die Messe zu gehen. Wir fuhren viel zu früh los, wie ich zuerst dachte. Aber der so entstandene Zeitpuffer wurde zum Einkauf von zahlreichen Knallern und Raketen genutzt. Denn hier wird Weihnachten wie bei uns Neujahr um Mitternacht laut tosend und mit kindlicher Freude am Feuerwerk eingeleitet. Aber wieder zurück zur Chronologie: Wir gingen also zur Heiligen Messe in der Kirche am Hauptplatz. Die Liturgie war genauso wie in Deutschland. Es kam ein bisschen echte Weihnachtsstimmung bei mir auf. Andere berichteten aber auch, dass sie gar keine Weihnachststimmung fühlten. Was auch ich bemerkte, war, dass die Stimmung anders war. Es fehlte die Andächtigkeit, es fehlten die tradierten Gesänge, die alle Generationen mitschmettern. Aber wenn man sich darauf einließ – meiner Meinung nach, spürte man eben doch Weihnachten. Die unterschwellige Aufregung der Kinder ob der Bescherung, die Gebete der Erwachsenen, meine Besinnung auf die für mich wirklich wesentlichen Dinge. 

Denn eigentlich erfüllt Weihnachten doch überall der gleiche Geist. Die Geburt Jesu als Vorbild für die Liebe, die wir unseren Mitmenschen schenken sollen. 

Nach der Messe fuhren wir nach Munaychay. Dort gingen wir in unsere Häuser. Wie es ab jetzt weiter geht, kann ich leider nur von meinem Haus mit den ältesten Jungen und dem Haus mit den mittelalten Jungen, mit denen wir zusammen feierten, erzählen. In meinem Haus waren die Jungen schon fleißig am rumzündeln. Die Tia kochte Caldo, eine Hühnersuppe, die hier traditionell zu Heiligabend gegessen wird. Währenddessen kümmerte ich mich mit einigen Jungen um das Lagerfeuer, an dem wir dann auch die Suppe verspeisten. Dauernd kamen Fragen: „Que hora es?“ „Quanto tiempo falta todavia?“ (Wie viel Uhr ist es? Wie viel Zeit fehlt noch?) Erwartungsvoll wurde Mitternacht erwartet. Um Punkt 12 ging dann das Groß an Feuerwerk los. Nachdem die Kilos Schwarzpulver verschossen worden waren, ging die Tia mit den Jungen zum Weihnachtszimmer. Danach passierte alles sehr schnell. Venerunt. Viderunt. GESCENKEE! Die Kinder stürzten sich auf die Geschenke, packten sie aus, probierten sie aus und an. Alles in heller Begeisterung für ihre Geschenke. Danach gingen alle filmschauen. Es wurden Matratzen und Decken herangeschafft und dann 

lagen wir zu siebzehnt auf vier Matratzen, um uns Filme anzusehen. Am nächsten Tag durften die Kinder dann so richtig ausschlafen. So lange, wie sie wollten, was sie auch tüchtig ausnutzten. 

Für mich fing der nächste Tag schon früh morgens an – mit dem Umzug in mein eigentliches Bett. (Man muss sich vorstellen, wie ein Raum riecht, nachdem sich 15 Jungen zwischen 10 und 18 Jahren, ein Freiwilliger und eine Tia diesen für einige Stunden geteilt haben.) Nach einigen weiteren Stunden Schlaf telefonierte ich mit meiner Familie und bereitete dann meinen Teil des Abendessens vor. Denn am Abend kamen alle Freiwilligen, unsere Koordinatorinnen und die drei Familien, die gerade da waren, nach Munaychay, wo wir einen „deutschen“ Weihnachtsabend verbrachten. 

Viele Grüße nach Deutschland! 

Konrad Reichel